„Warum ist kein Geld mehr da?“
Inhalt: Schlagzeilen - Einleitung - Grundproblem 1: Zinsen - Grundproblem 2: Ursprung des Geldes / Verschuldungszwang - Folge: Andauernde Umverteilung von Arm zu Reich - Lösungen! - Weitere Verweise - Zitate - Bedingungsloses Grundeinkommen - Leserbriefe - Aktuelles und AusblickEinleitung
Warum ist eigentlich „kein Geld mehr da“? Als ich etwa mit 15, also 1995, meine erste Brille bekam, wurde diese noch komplett von der Krankenkasse bezahlt. Ein paar Jahre später zahlte die Kasse erst nur noch die Gläser, schließlich gar nichts mehr. 2005 führte die rot-grüne Landesregierung in meinem Bundesland (NRW) Studiengebühren ein. 2009 musste ich außerdem erleben, dass „meine“ Stadt, wie so viele in der Region, ein so hohes Haushaltsdefizit hatte, dass alle „freiwilligen“ Ausgaben durch die Bezirksregierung gestrichen wurden. Dies sind nur drei Beispiele für die allgemeine Tendenz in Deutschland, den ärmeren Menschen immer weniger zum Leben zu lassen. Im Jahr 2010 fand ich endlich überzeugende Antworten darauf, warum wir eine Verschlechterung unserer Lebensbedingungen beobachten, obwohl Rechner und Roboter nun so viel Arbeit für uns erledigen, obwohl Deutschland im Verhältnis zu anderen Staaten viel besser dasteht („Exportweltmeister“ von 2003 bis 2008) und obwohl wir Jahrzehnte ohne Krieg und Zerstörung erlebt haben. Politiker und Kommentatoren machen gerne die „Globalisierung“ und den „demographischen Wandel“ für die Verschlechterungen verantwortlich, aber beides überzeugt mich nicht. Stattdessen halte ich jetzt unser Geldsystem für verantwortlich. Die Auswirkungen dieses Geldsystems auf internationaler, vor allem europäischer Ebene, geben die obigen Schlagzeilen wieder. Anfang 2011 setzt sich die Entwicklung fort: der Finanzminister der USA warnt vor dem drohenden Staatsbankrott - obwohl „die Staaten“ gegenüber allen anderen Ländern der Welt noch den riesigen Vorteil haben, Öl für selbst bedrucktes Papier einkaufen zu können. Zwei Grundfehler des Geldsystems können mit zunehmendem „Alter“ unserer Volkswirtschaften immer schlechter durch Steuern und Sozialleistungen kompensiert werden:
Grundproblem 1: Zinsen
"Das Geld vermehrt sich immer mehr und gleichzeitig die Schulden. Weil jeder Euro, der im Umlauf ist, ist woanders als Schuld vorhanden. (...) D.h. alles Geld ist gleichzeitig Schuld. Und für diese Schuld muß jemand Zinsen zahlen und das ist die breite Masse der Menschen."
Dirk Müller am 08.06.2010 im heute journal (bei INWO gefunden)
100 € zu verschiedenen Zinssätzen „angelegt“ (oder geliehen) | ||||||
1,00% | 2,00% | 3,00% | 5,00% | 7,00% | 10,00% | |
---|---|---|---|---|---|---|
10 Jahre | 110,46 | 121,90 | 134,39 | 162,89 | 196,72 | 259,37 |
20 Jahre | 122,02 | 148,59 | 180,61 | 265,33 | 386,97 | 672,75 |
30 Jahre | 134,78 | 181,14 | 242,73 | 432,19 | 761,23 | 1744,94 |
40 Jahre | 148,89 | 220,80 | 326,20 | 704,00 | 1497,45 | 4525,93 |
50 Jahre | 164,46 | 269,16 | 438,39 | 1146,74 | 2945,70 | 11739,09 |
60 Jahre | 181,67 | 328,10 | 589,16 | 1867,92 | 5794,64 | 30448,16 |
70 Jahre | 200,68 | 399,96 | 791,78 | 3042,64 | 11398,94 | 78974,70 |
80 Jahre | 221,67 | 487,54 | 1064,09 | 4956,14 | 22423,44 | 204840,02 |
90 Jahre | 244,86 | 594,31 | 1430,05 | 8073,04 | 44110,30 | 531302,26 |
100 Jahre | 270,48 | 724,46 | 1921,86 | 13150,13 | 86771,63 | 1378061,23 |
Verdopplung: | < 70 J | < 36 J | < 24 J | < 15 J | < 11 J | < 8 J |
Grundproblem 2: Ursprung des Geldes / Verschuldungszwang
Der Film Warum überall Geld fehlt - „Gib mir die Welt plus 5 Prozent“, basierend auf dem Text The Earth Plus 5% (vom Australier Larry Hannigan 1971 geschrieben), stellt sehr eindringlich dar, warum Geld erst gut für die meisten Menschen war, im weiteren Verlauf aber breite Massen ins Elend stürzte und damit der Schuldige für die schlimmsten Verbrechen, vor allem also die immer wiederkehrenden Kriege, wurde. In Kurzform: da (fast) alles Geld als verzinster Kredit in die Welt gekommen ist, gibt es auf der ganzen Welt nicht genügend Geld, um alle Kredite zu begleichen. Somit muss es immer „Verlierer“ geben, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen können. Während die Zahl der „Verlierer“ (heutige Jugendsprache: „Opfer“) sich mit der Zeit erhöht, konzentriert sich immer mehr Geld und damit Macht bei ganz wenigen. Dabei ist es unerheblich, ob man wie in dieser Geschichte finstere Machenschaften am Werke wähnt, oder es einfach als einen unglücklichen Automatismus des Geldes bisheriger Machart ansieht, wie die geschilderten und von uns gerade erlebten Wirkungen des Zinssystems zustandekommen.Das Banken-System haben wir beide gleichermaßen und zu jeder Zeit verachtet. Ich betrachte es als einen Schandfleck in allen unseren Verfassungen, der, wenn er nicht beseitigt wird, in ihrer Zerstörung enden wird, der schon von Spekulanten ausgenutzt wird und der in seiner Ausbreitung die Vermögen und die Moral unserer Bürger hinwegschwemmt. [...] Und ich glaube ernsthaft, genau wie Sie, dass Banken gefährlicher sind als stehende Armeen; und dass das Prinzip Geld auszugeben und es, „Finanzierung“ genannt, von den Nachkommen bezahlen zu lassen, nichts ist als ein großangelegter Betrug an der Zukunft.
Thomas Jefferson (1743-1826), dritter Präsident der Vereinigten Staaten, in einem Brief über demokratische Regierungstheorie an den Philosophen John Taylor (meine Übersetzung)
Folge: Andauernde Umverteilung von Arm zu Reich
Meine Umverteilungs- Rechner erlaubt eigene Experimente mit verschiedenen Werten für Vermögen und Zinsen!
Lösungen!
Das Geld braucht den Staat; ohne Staat lässt sich kein Geld denken; ja, man kann sagen, mit der Einführung des Geldes beginnt die Gründung des Staates.
Silvio Gesell in Die natürliche Wirtschaftsordnung (S. 149)
Mit dem Zitat will ich deutlich machen, dass wir das momentan existierende (bzw. von der EZB herausgegebene) Geld nicht als naturgegeben hinnehmen müssen. Tatsächlich ist es nur eine Vereinbarung zwischen Menschen, die gekündigt oder geändert werden kann.
Helmut Creutz steckt schon seit einigen Jahren viel Energie ins Erklären unseres schädlichen Geldsystems („Unser Geld zerstört die Welt“) und in die Aufklärung der Öffentlichkeit über Alternativen. Sehr lesenswert sind auch seine Gedanken zur „Schuldenbremse“.
Die von Creutz geforderte Umlaufsicherung des Geldes entspricht genau dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Silvio Gesell entwickelten Freigeld. Besonders umfassend hat Gesell sein Konzept im Buch Die natürliche Wirtschaftsordnung dargestellt.
Hätte das Geld in Deutschland eine wirksame Umlaufsicherung, gäbe es die oben dargestellte Umverteilung von Arm zu Reich nicht mehr, sondern stattdessen eine leichte Umverteilung von denen, die viel Bargeld bereithalten, zu denen, die ihr mit weniger Geld leben. Mit meinem Freigeld-Rechner kann jeder selbst die Auswirkungen unterschiedlich hoher Umlaufsicherungs-Gebühren durchspielen!
Basierend auf Silvio Gesells Ideen („on the shoulders of giants“) habe ich das Konzept eines Online-Martplatzes mit eigener, umlaufgesicherter Währung entwickelt: freimarkt.org
Ich hoffe, so bald wie möglich den Betrieb aufnehmen zu können - oder dass jemand anderes dieses oder ein ähnliches Konzept übernimmt.
Wenn „das“ Geld zu schwierig zu bekommen wird, werden die Alternativen wieder attraktiver (besonders für die Erwerbsarbeitslosen): sie können an einem lokalen Tauschring teilnehmen und (wenn günstiges Land verfügbar ist) ihr eigenes Gemüse anbauen.
Weitere Verweise
Online-Ressourcen (darunter Zeitungsartikel)
- INWO - Initiative für natürliche Wirtschaftsordnung, eine laufend aktualisierte Sammlung von Artikeln, Verweisen und Veranstaltungshinweisen zum Thema (besseres) Geld.
- Wo ist unser Geld? - ein kurzer Fragebogen der INWO, in dem man das eigene Wissen um Finanzzusammenhänge testen und erweitern kann.
- geldreform.de - Ein seit 1997 gepflegtes und aktualisiertes umfangreiches Online-Archiv mit Materialien zur Geld-, Zins- und Schuldenproblematik.
- Stephan Schulmeister - Das neue Einmaleins Eine lesenswerte systemische und historische Betrachtung der Staatsfinanzen (derFreitag, 04.11.2010).
- Wolfgang Uchatius - Kapitalismus: Wir könnten auch anders Interessante Überlegungen in einer großen Qualitätszeitung (Die Zeit, 20.05.2009).
- Wolfgang Uchatius - Das Wunder von Wörgl Eine sehr lesenswerte Beschreibung dieses historischen, dringend zu wiederholenden Experiments mit Freigeld (Die Zeit, 22.12.2010).
- 10-Punkte-Plan zur Eroberung eines Planeten oder „Wie funktioniert Geld?“ - ein 15-minütiger Animationsfilm von Max von Bock mit besonders schöner Erklärung von Inflation und Deflation (welche im Extremfall beide zum Zusammenbruch der Wirtschaft führen).
- Money as Debt (Geld als Schuld) ist ein spannender Animationsfilm zu Geldgeschichte, -schöpfung und -verbesserungsmöglichkeiten. Unter „Translated Versions Online“ findet man unter anderem Verweise zu einer kostenlos herunterladbaren Fassung mit deutschen Untertiteln. Auf der Netzpräsenz findet sich auch eine reichhaltige (englische) Zitatsammlung rund um Geld und Freiheit.
- Marc-Uwe Kling - Hirngespinste, ein kurzer (2:08 Minuten), frecher Audio-Beitrag zum Thema „Schulden“ von Radio Fritz aus Berlin.
- Regiogeld e.V.: Ein Verband von Regionalgeld-Initiativen mit „Maßnahmen, die Menge und die Umlaufgeschwindigkeit des Regiogelds zu ermitteln und zu steuern“, letztlich also der von Gesell geforderten Umlaufsicherung. Vielleicht gibt es schon ein nachhaltiges Regionalgeld in Ihrer Nähe?
- Humane Wirtschaft ist der Titel einer Zeitschrift und eines Blogs, die einen Schwerpunkt darauf legen, die großartigen Möglichkeiten einer anderen, einer natürlichen Wirtschaftsordnung aufzuzeigen.
Mammons Sturz!
Der Götze Mammon sitzt seit alten TagenIn seines Tempels labyrinth’schem Raum;
Für ihn allein muß sich die Menschheit plagen,
Um ihn bewegt sich ihres Glückes Traum.
Wer seine Gunst im Leben hat errungen,
Dem ist der Weg zu Macht und Ehren frei,
Dem wird des Lebens hohes Lied gesungen,
Den drückt nicht mehr des Alltags Tyrannei.
Es dienen ihm die Mächtigen der Erde,
Es frohnet ihm der Arbeit bleiche Schar,
Es opfert ihm die Menschheit - die betörte
Ihr Heiligstes auf seinem Hochaltar.
Es blähet sich der Götze mit Behagen,
Er wächst - er schwillt - er dehnt sich schlangengleich
Stets größer wird sein nimmersatter Magen,
Er frisst das Volk - den Staat - das ganze Reich.
Bücher
- Margrit Kennedy - Geld ohne Zinsen und Inflation Ein guter, kompakter Einstieg in die Thematik, mit Grafiken von Helmut Creutz. Bei geldreform.de gibt es auch ein interessantes Interview mit der Autorin zum nachhören.
- Helmut Creutz - Das Geld-Syndrom / Wege zu einer krisenfreien Marktwirtschaft - In über 600 Seiten werden so ziemlich alle Fragen zum Thema Geld geklärt.
- John S. Cooper - Zero Finanzkrise und eine umlaufgesicherte Online-Währung als Stoff für einen Thriller. Sicher kein Titel, der wie Huxleys Schöne neue Welt nach über 70 Jahren noch viele Leser begeistern wird, aber hochaktuell und mit einer durchaus überraschenden Wendung. Nach Internet-Informationen ist der Mensch hinter Cooper ein Deutscher (und das Buch damit im Original auf Deutsch).
Filme
- Erwin Wagenhofer - Let’s make MONEY Ein erschütternder Film mit schönen Bildern zu den Fehlentwicklungen des weltweiten Finanzsystems - der sogar 2010 im Fernsehen gezeigt wurde.
Musik
- Bob Marley - Rat Race „It’s a disgrace to see the human race in this rat race“ (Es ist eine Schande, die Menschheit in diesem „Ratten-Rennen“ zu sehen!)
- John Butler Trio - Revolution „All kicking and scrounging for the very first place / dictionary definition of a rat race“ (Alle treten und klauen um Erster zu werden / das ist ein „Ratten-Rennen“, wie es im Wörterbuch steht)
- Michael Jackson - Money „You say you wouldn’t do it for all the money in the world? I don’t think so.“ (Nicht für alles Geld der Welt? Das glaube ich nicht.)
- Tim Beam - The Ghost of my Money Ein Video zum Thema mit Bildern aus dem leider nicht allzu ergiebigen Film „Der Geist des Geldes“.
- Die Toten Hosen - Geld Ein simples, sehr frühes Lied der Hosen. „Wohin bringe ich das Geld? Es gibt keinen Ort der mir gefällt“ wird darin vielfach wiederholt. Meine Antwort auf die Frage ist: GLS (damit nicht weiter über die Sparkasse Leute mit meinem Geld zu Konsumkrediten verleitet werden).
- Sportfreunde Stiller - Money Mark „Was du anfasst wird zu Gold... doch bevor ich so bin wie du, bin ich lieber zweiter Sieger!“
Wer nicht nur Deutsch, sondern auch Englisch versteht, kann auf der englischen Version dieser Seite teilweise andere Zitate und weitere interessante Verweise finden.
Zitate
„Nicht jede Wirtschaftskrise hat in der Vergangenheit in einen Krieg geführt, aber jeder Krieg hat mit einer Wirtschaftskrise begonnen.“
Arzt und Friedensaktivist Carlos Pazos in telepolis (17.10.2010)
Der Kampf geht weiter
[...]Wieviel liegen in der Sonne und betrügen die Welt?
Fahren dicke Autos von unserem Geld?
Nennen uns ihre Sklaven nach ihrem Gesetz?
Refrain:
Wer das Geld hat, hat die Macht und wer die Macht hat, hat das Recht!
„Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt bereits 61% des Vermögens. Dieses Vermögen ist gerettet worden, in der Finanzkrise.“
Ulrike Herrmann, Autorin von „Hurra wir dürfen zahlen! Der Selbstbetrug der Mittelschicht“, im Funkhaus-Europa-Interview (13.09.2010)
„Wie lange können wir uns die Reichen noch leisten?“
„Kapitelüberschrift“ im Film Let’s make MONEY (2008)
„Von allen Ursachen des Niedergangs von Nationen ist eine der wichtigsten die Entwertung des Geldes, die ohne Gewalttätigkeit und auf verborgenen Wegen die Staaten in den Abgrund führt.“
Nikolaus Kopernikus, 1473 - 1543 (so zitiert in Unser Geld zerstört die Welt)
„Ohne wirtschaftliche Grundlage gibt es keine Freiheit.“
Margrit Kennedy, Geld ohne Zinsen und Inflation (S. 102)
„Es wird eine Zeit kommen, da unsere Nachkommen sich wundern werden, dass wir so offenbare Dinge nicht gewußt haben.“
Lucius Annaeus Seneca, ca. 1 - 65 n. Chr.
„Wohin soll das ganze Geld, wenn Staat, Land und Kommunen anfangen, ihre Schulden zurückzuzahlen?“
Vlado Plaga beim Treffen der Dortmunder Grünen-Arbeitsgemeinschaft „Bundespolitik“ zum Thema „Sparpaket“ (15.09.2010)
Bedingungsloses Grundeinkommen
Das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens ist mir seit 2004 vertraut und ich bin seitdem zunehmend davon überzeugt, dass wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen: in unserer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft benötigt jeder Mensch Geld zum überleben. Statt des (kaum irgendwo verwirklichten) Rechts auf Arbeit (Artikel 23) sollten die Menschenrechte also das Recht auf Einkommen enthalten! Verglichen mit den Geldreform-Vorschlägen nach Silvio Gesell scheint mir das bedingungslose Grundeinkommen bekannter zu sein, aber nach meinem derzeitigen Kenntnisstand ist die Geldreform dringender notwendig und außerdem scheint es mir leichter, Leute zu überzeugen, dass sie persönlich bei einer solchen Reform gewinnen würden. Letztlich passen aber beide Themenbereiche sehr gut zusammen, denn sie verfolgen ähnliche Ziele und ergänzen sich hervorragend.Eine umfangreiche Text- und Verweissammlung vergleichbar mit seiner oben vorgestellten Plattform geldreform.de bietet Wolfgang Roehrig unter archiv-grundeinkommen.de an. Das abschließende Bild ist von der Berliner Piratenpartei:
Leserbriefe
Da meine Erwerbsarbeit mich effektiv daran hindert, mit viel Zeit und Energie am Freimarkt, meiner Wunschlösung der Geldkrise, weiterzuarbeiten, nutze ich gelegentlich kleinere Freiräume, um in Leserbriefen den Freigeld-Gedanken zu verbreiten. Ein paar davon, passend zu den obigen neuen Schlagzeilen, veröffentliche ich hier:
Reaktion der EU auf Italiens Finanzkrise
Rom steht noch, doch es wankt
„Dass es jetzt Italien trifft, ist selbst für Experten eine Überraschung.“ schreibt Gert Stuby in der taz, am 11.07.2011Mein Kommentar:
Es kommt darauf an, wen man als "Experten" bezeichnet... die vom gegenwärtigen Währungssystem persönlich profitierenden Privat-Uni-Absolventen (vorwiegend aus den USA), oder zum Beispiel Silvio Gesell, der sich Jahrzehnte seines Lebens kritisch mit der Währungsfrage auseinandersetzte und dabei ein alternatives System entwickelte, dass sich in Versuchen hervorragend bewährte. Für ihn und die Anhänger seiner Theorie kommt die Pleite Italiens auch nicht überraschend. So schrieb er (vor etwa 90 Jahren, als in Deutschland noch Geld = Gold galt):
„Nur in dem Fall, [...] dass die Preise [...] anhaltend und stark (mindestens um 5% jährlich) steigen, kann sich die Volkswirtschaft ohne Krise abwickeln. Auch der Widerstand, den der Rückgang des Realkapitalzinses dem Geldumlauf bietet, würde durch solche allgemeine Preissteigerung gebrochen“
Jetzt hat die EZB gerade eine Leitzinserhöhung beschlossen, um die Inflation wieder auf die Zielmarke von 2% zu senken - aber da sowohl lukrative Investitionsmöglichkeiten, als auch eine Inflation (wie sie Italien zu Lira-Zeiten gehabt haben muss) fehlen, fehlt für die Reichen auch der Anreiz, Geld auszugeben oder zu verleihen... also fehlt das Geld im Kreislauf und die Krise nimmt ihren Lauf (gerne verstärkt durch „Sparpakete“).
Die Börsen tief im Minus
Wohin mit dem vielen Geld?
Ulrike Herrmann vergleicht in der taz vom 05.08.2011 Verwendungsmöglichkeiten und sieht die Lösung des „Geldüberflußproblems“ in steigenden Löhnen und Wirtschaftswachstum.Mein Kommentar (nur hier):
Der Artikel wurde vielfach kommentiert, von Goldbefürwortern, Wachstumskritikern und anderen (selbsternannten?) Fachleuten... doch der Grund, warum ich ihn anführe, ist einfach, dass er so schön mein Zitat vom letzten Jahr, „Wohin soll das ganze Geld [...]?“ (s.o.) aufgreift.Krise des Euro
Merkel stuft Ratingagenturen runter
Ulrike Herrmann berichtet in taz, 05.07.2011:„Der favorisierte französische Plan sieht vor, dass die Banken 70 Prozent ihrer griechischen Staatsanleihen [...] in 30-jährige griechische Papiere [wieder neu anlegen], für die sie zwischen 5,5 und 8,0 Prozent Zinsen erhalten würden“
Mein Kommentar:
Die 30-jährigen „Papiere“ mit 5,5 - 8 Prozent Zinsen würden über ihre Laufzeit eine Verfünf- bis Verzehnfachung des eingesetzten Kapitals bewirken*! Wo soll das ganze Geld herkommen? Mit einer solchen Erhöhung der Geldmenge muss eine ordentliche Inflation einhergehen. Aber können die Löhne im gleichen Maß steigen, oder werden die Menschen, die vorwiegend von Arbeitseinkommen leben, im Vergleich zu den von Kapitaleinkommen lebenden immer ärmer?
Was wir brauchen ist ein „Geld ohne Zinsen und Inflation“ (siehe gleichnamiges Buch von Margrit Kennedy)!
*Zinseszinsen werden zwar nicht für die Anleihen selbst gezahlt, aber die Zinsen können jederzeit in neue Staatsanleihen (bald vielleicht „Eurobonds“ wieder „angelegt“ werden.Italien und Spanien geraten unter Druck
Analysten rechnen mit Mondzinsen
Ulrike Herrmann stellt in der taz vom 03.08.2011 vier Szenarien dar, was passieren könnte, falls auch für Italien die Zinsen am „Finanzmarkt“ unbezahlbar hoch werden können.Mein Kommentar:
Fünftens: die EZB führt eine Geldhaltegebühr von 0,5% pro Monat ein (bei Bargeld unter Abschaffung von Münzen mit geringem Aufwand, bei elektronischem Geld völlig problemlos umsetzbar). Die Folge: Kredite, die jetzt um die 6% Zinsen pro Jahr kosten, werden dann etwa kostenlos. Langfristige Spareinlagen (für die Altersvorsorge) würden nicht belastet. Statt bei 10-jährigen Staatsanleihen über die Laufzeit den geliehenen Betrag alleine an Zinsen zu zahlen (Prozentrechnung!), ohne daß an Tilgung auch nur zu denken wäre, könnten die Staaten ihre Haushalte sanieren, ohne dass es dadurch zu Konjunktureinbrüchen käme. Leider ist dieses von Silvio Gesell vor 100 Jahren vorgeschlagene „Freigeld“-System offenbar zu „simpel“ für unsere Volkswirtschaftler...
Obwohl die Wirtschaft wächst, bekommen die Geringverdiener weniger
Unsere Gesellschaft spaltet sich
Ulrike Herrmann in taz, 19.07.2011, fordert einen Mindestlohn.Mein Kommentar:
Ja, die Spaltung der Gesellschaft schreitet voran, seit Jahrzehnten, und jetzt erreicht sie Ausmaße, die nicht mehr hinnehmbar sind. Aber was bringt es da, die ärmsten Lohnabhängigen (ein schönes Wort) nochmal zu unterteilen in Harz-IV-Abhängige und Mindestlohnabhängige? Klar ist, dass nicht alle Firmen einen gesetzlichen Mindestlohn werden zahlen können. Die Ursache des Auseinanderdriftens der Gesellschaft sind weniger die unterschiedlich hohen Erwerbsarbeitseinkommen, als vielmehr die ausufernden Kapitaleinkommen. Diese ließen sich mit einer Vermögenssteuer (nur schwerlich) reduzieren, oder, elegant und effizient, mit Freigeld.
- Relative Vermögensverteilung 2002 und 2007 (wobei man sieht, dass die Reichsten auf Kosten aller anderen noch reicher wurden).
- Wikipedia: Freigeld.
Griechenland vor dem Abgrund
Schluss, aus, Feierabend
Aktuelle Situation und Ausblick (August 2011)
Da letztes Jahr ein Bild aus Griechenland exemplarisch für die Geldkrise ganz oben auf dieser Seite stand, richte ich hier nochmal den Blick dorthin. In „alternativeren“ Veröffentlichungen als der taz gibt es gar noch drastischere Schilderungen der Situation nach der „Machtübernahme“ durch EU, EZB und IWF:
Die gegenwärtige Finanzordnung ist am Ende und das Ende wird von Woche zu Woche deutlicher absehbar. Sehr schön veranschaulicht das, neben Spanien, den arabischen Ländern und London, auch die jüngste Entwicklung in Israel:
Sozialproteste in Israel - 300.000 gegen die Reichen Proteste in Israel - Das Adrenalin der Bewegung